Update: Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung
Am Ende dieser Fortbildung kennen Sie...
- die wichtigsten Aspekte der Epidemiologie sowie Definition und Pathogenese der NAFLD,
- das diagnostische Vorgehen, insbesondere Indikation und Stellenwert der Leberbiopsie,
- die Aussagekraft nicht invasiver diagnostischer Tests,
- die Eckpfeiler der lebensstilmodifizierenden Therapie,
- wichtige Aspekte experimenteller pharmakologischer Therapien.
Epidemiologie
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (engl. non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD) stellt weltweit eine der führenden Ursachen für Leberzirrhose und das hepatozelluläre Karzinom dar. Die globale Prävalenz der NAFLD beträgt etwa 25 %, die Tendenz ist steigend. Die NAFLD gilt als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms, einem Cluster von metabolischen und kardiovaskulären Gesundheitsstörungen. Folgerichtig gehören zu den wichtigsten Komorbiditäten der NAFLD Typ-2-Diabetes (23 % der Betroffenen), Dyslipidämie (69 %) und arterielle Hypertonie (39 %). Die NAFLD stellt damit eine der führenden globalen Volkskrankheiten dar und ist wahrscheinlich die meist prävalente Lebererkrankung in der Menschheitsgeschichte. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche sind zunehmend häufig von der NAFLD betroffen. Eine Erhebung zur NAFLD in der Primärversorgung weist darauf hin, dass die Erkrankung trotz der wachsenden Prävalenz weiterhin unterdiagnostiziert ist und in ihrer Gefahr häufig unterschätzt wird. Einer der Gründe hierfür ist der zumeist lange Zeit asymptomatische bis oligosymptomatische Verlauf der Erkrankung. Etwa 10 % der Patienten mit einer Steatose entwickeln im Verlauf eine signifikante Fibrose und die mit ihr assoziierten Leberkomplikationen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, unter den vielen betroffenen Individuen diejenigen mit dem höchsten Risiko für ein Voranschreiten der Erkrankung zu identifizieren.
Definition
Die NAFLD wird definiert durch
- das Vorliegen einer Steatose (abnorme Fettakkumulation) in >5 % der Hepatozyten (Leberepithelzellen),
- Präsenz metabolischer Risikofaktoren (insbesondere Adipositas und Typ-2-Diabetes),
- bei gleichzeitiger Abwesenheit übermäßigen Alkoholkonsums (<20 g/Tag für Männer und <10 g/Tag für Frauen).
Pathogenese
Die Pathogenese ist komplex und umfasst genetische, metabolische, hormonale und immunologische Faktoren. Bewegungsmangel in Verbindung mit einer hyper-kalorischen Ernährung reich an gesättigten Fettsäuren und raffinierten Kohlenhydraten sowie arm an Ballaststoffen gelten als wesentliche Ursache der Erkrankung. Die daraus resultierende Adipositas ist insbesondere bei viszeral betontem Fettverteilungsmuster ungünstig. Ein hoher Fruktosekonsum scheint ebenfalls eine Fettlebererkrankung zu begünstigen. Zahlreiche prädisponierende genetische Varianten, z. B. im Gen PNPLA3 (engl. patatin-like phospholipase domaincontaining protein 3), sind beschrieben worden. Hyperinsulinämie, Insulinresistenz und ein toxischer Effekt von Lipiden (Lipotoxizität), die in Hepatozyten akkumulieren, stellen wahrscheinlich Schlüsselfaktoren in der Pathophysiologie dar. Der Einfluss von Störungen der Darmmikrobiota und die Rolle des Gallensäurenmetabolismus finden zunehmend Beachtung.
Begleiterkrankungen
Die NAFLD ist oft mit Begleiterkrankungen des metabolischen Syndroms verbunden. Zu den typischen Komorbiditäten gehören Adipositas, kardiovaskuläre Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und das obstruktive Schlafapnoesyndrom. Obwohl diese Assoziationen aus gemeinsamen Risikofaktoren resultieren können, gibt es Hinweise, dass zumindest für einige der Faktoren ein bidirektionaler Einfluss auf den natürlichen Verlauf der jeweils anderen Erkrankung besteht. Auch scheint die Prävalenz dieser Komorbiditäten mit dem Stadium der Erkrankung zusammenzuhängen. Während Patienten ohne signifikante Fibrose einen Typ-2-Diabetes und arterielle Hypertonie in jeweils 21 % und 44 % der Fälle aufweisen, betragen die Komorbiditäten bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose bereits jeweils 58 % und 79 %. Extrahepatische maligne Tumoren stellen die zweithäufigste Todesursache bei Patienten mit NAFLD dar. Es könnte auch ein Zusammenhang zwischen NAFLD und dem Verlust kognitiver Leistung bestehen, wobei die aktuelle Literatur eine Assoziation mit Demenz nicht bestätigt. Da die NAFLD vor Eintritt einer fortgeschrittenen Fibrose meist asymptomatisch bleibt, ist es wichtig, bei allen Patienten mit metabolischem Syndrom und seinen Manifestationen an die Möglichkeit einer Fettlebererkrankung zu denken und ein entsprechendes Screening durchzuführen (siehe unten). Dies fällt zumeist in die Verantwortung des Hausarztes oder Diabetologen.
Diagnostik
Stellenwert der Leberbiopsie
Die Leberbiopsie ist die einzige Methode, die zuverlässig eine einfache Steatose von einer Steatohepatitis unterscheiden kann, trotz einer gewissen diagnostischen Restunsicherheit, die aus der Stichprobenvariabilität resultiert. Histologisch kann die NAFLD folgende Befunde umfassen:
- Steatose allein
- Steatose mit lobulärer oder portaler Entzündung, ohne hepatozelluläre Ballonbildung
- Steatose mit Ballonbildung, aber ohne Entzündung
- Frühe Fibrose (F0/1)
- Signifikante Fibrose (F2)
- Fortgeschrittene Fibrose (F3)
- Zirrhose (F4)
Relevanz nicht invasiver Biomarker
Angesichts der Prävalenz der NAFLD ist es unrealistisch, Diagnose und Prognoseabschätzung generell mittels Leberbiopsie vorzunehmen. Daher werden Routinetests (d. h. „Leberwerte” wie Gamma-GT, Glutamat-Pyruvat-Transaminase [GPT; auch Alanin-Aminotransferase, ALT], Glutamat-Oxalacetat-Transaminase [GOT; auch Aspartat-Aminotransferase, AST]; Sonografie des Oberbauches), einfache Scores aus Routineparametern und in einem zweiten Schritt erweiterte nicht invasive Verfahren (z. B. Elastografie) herangezogen. Die Leberbiopsie weist v. a. folgende Nachteile auf:
- Die Leberbiopsie ist invasiv, teuer und risikobehaftet.
- NAFLD kann sich heterogen in der Leber manifestieren, und das Ergebnis einer einzigen Biopsie kann einer signifikanten Variabilität unterliegen.
- Bei der histologischen Beurteilung kann es zu einer beträchtlichen Interrater-Variabilität kommen.
- Eine einzige Biopsie stellt nur eine Momentaufnahme dar und wird dem dynamischen Verlauf der Erkrankung nicht immer gerecht.
- Alter
- Hyperglykämie
- Body-Mass-Index (BMI)
- Thrombozytenzahl
- Albumin
- AST/ALT-Verhältnis
- Alter
- GOT
- GPT
- Thrombozytenzahl
Risikostratifiziertes Screening
Während ein Screening der Allgemeinbevölkerung auf NAFLD nicht empfohlen wird, sollte bei Risikopatienten, d. h. Patienten mit Typ-2-Diabetes, metabolischem Syndrom, BMI >30 kg/m² oder arteriellem Hypertonus, das Vorliegen einer NAFLD abgeklärt werden, insbesondere, wenn erhöhte Transaminasen bestehen. Patienten mit anhaltend oder wiederkehrend erhöhten Leberwerten sollten ebenfalls bezüglich NAFLD abgeklärt werden. Dabei sollte das Screening v. a. durch Hausärzte oder primärärztlich tätige Internisten oder Pädiater erfolgen. Das Screening sollte Sonografie und nicht invasive Scores beinhalten, die sich aus Routineparametern zusammensetzen (z. B. routinemäßig verfügbare Laborwerte, anthropometrische Werte wie BMI, Taillenumfang etc.). Patienten, die wiederholt oder kontinuierlich eine relevante Erhöhung der GPT/ALT aufweisen, sollten unabhängig von den Screening-Ergebnissen einem Gastroenterologen/Hepatologen zur weiteren Abklärung vorgestellt werden. Im allgemeinen Populationsscreening weisen alle Scores deutliche Schwächen auf. Die Performance aller Tests ist jedoch sehr hoch in Risikokollektiven. Der in der aktualisierten S2k-Leitlinie „Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen” der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) vorgestellte Screeningalgorithmus, der die beiden Hauptelemente Erfassung von Steatose und Fibroserisiko enthält, kann in der klinischen Routine eingesetzt werden und ist auch für die Hausarztpraxis geeignet. Der transabdominelle Ultraschall (US) sollte im Screening als primäre Bildgebung bei Patienten mit V. a. NAFLD eingesetzt werden. Es handelt sich um eine breit verfügbare, kosteneffektive, von ionisierender Strahlung freie Methode, die eine Beurteilung der Steatose erlaubt. Infolge der Leberverfettung stellt sich eine Zunahme der Echogenität des Leberparenchyms dar. Mit steigender Verfettung tritt das Phänomen der dorsalen Abschwächung des Parenchymsignals auf. Allerdings fällt die Sensitivität bei geringerer Verfettung und insbesondere bei mikrovesikulärer Verfettung deutlich geringer aus (Sensitivität 69 %). Ein sicherer Ausschluss einer geringen Steatosis hepatis ist somit sonografisch nicht möglich. Bezogen auf etwaige Fibrosierung der Leber erlaubt die US-Diagnostik weder eine sichere Feststellung noch eine verlässliche Stadieneinteilung. Die Computertomografie (CT) und die MRT sollten zwar nicht als Such- oder Screeningmethoden für die NAFLD eingesetzt werden, liegen jedoch MRT- oder CT-Befunde aufgrund einer anderen Indikation vor, können diese für die Diagnose einer NAFLD mit herangezogen werden. Bei Erstdiagnose einer NAFLD sollte bei allen Patienten eine Risikostratifizierung hinsichtlich des Fibrosestadiums erfolgen. Hierfür sollten nicht invasive Scores (NFS, FIB-4) sowie die Elastografie eingesetzt werden. Der Fatty Liver-Index (FLI) kann für die nicht invasive Bestimmung des Fettgehaltes der Leber im Rahmen des Screenings verwendet werden. Andere nicht invasive Scores, z. B. FIB-4 oder NAFLD Fibrosis Score (NFS), können bereits im Rahmen des Screenings genutzt werden, um eine Risikokonstellation (fortgeschrittene Fibrose) zu erkennen. Die diagnostische Wertigkeit der NFS- und FIB-4-Indices ist vergleichbar. Damit ergibt sich ein leichter Vorteil für den FIB-4, da dieser sich aus weniger Parametern zusammensetzt und somit weniger kostenintensiv ist bei vergleichbarer diagnostischer Zuverlässigkeit. Die Controlled-Attenuation-Parameter-(CAP-)Technologie kann zur orientierenden Abschätzung des Ausmaßes der Leberverfettung verwendet werden. Eine exakte Feststellung des Steatosegrades ist mittels CAP allerdings nicht möglich. US-basierte Elastografieverfahren können zum Ausschluss einer fortgeschrittenen Leberfibrose und Leberzirrhose bei NAFLD genutzt werden. Zur Verfügung stehen die transiente Elastografie (TE), insbesondere die vibrationskontrollierte TE (VCTE) als Stand-alone-Gerät, sowie scherwellenbasierte Methoden (SWE) wie die point-SWE (pSWE) und die 2D-SWE. Für die Diagnostik der fortgeschrittenen Fibrose bei NAFLD wurden folgende VCTE Cut-off-Werte vorgeschlagen: 7,9 kPa mit einer Sensitivität von 91 %; 9,6 kPa mit einer Spezifität von 92 %. In einer großen prospektiven multizentrischen europäischen Studie mit N = 373 Patienten wurden VCTE Cut-off-Werte von 8,2 kPa für F ≥2 (Sens. 71 %, Spez. 70 %), 9,7 kPa für F ≥3 (Sens. 71 %, Spez. 75 %) und 13,6 kPa für F4 (Sens. 85 %, Spez. 79 %) bzw. 10,9 kPa für F4 Cut-off bei 90 % Sensitivität unabhängig von der verwendeten Sonde (M oder XL) bestätigt. Das Ausmaß der hepatischen Steatose beeinflusst die Lebersteifigkeitsmessung nur gering. Eine sichere Abklärung einer NASH ist gegenwärtig weiterhin nur mittels Leberbiopsie möglich. Zum Ausschluss eines übermäßigen Alkoholkonsums (wenn z. B. juristisch erforderlich) können Alkoholbiomarker (z. B. Ethylglucuronid) herangezogen werden.
Patientenfall 1: Patient mit bekanntem Typ-2-Diabetes und Transaminasenanstieg
Ein männlicher Patient, 51 Jahre alt, stellte sich in der hepatologischen Ambulanz vor. Die Überweisung erfolgte durch den Hausarzt. Der Patient ist als Schichtarbeiter bei einem großen Hersteller technischer Geräte beschäftigt, er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Familienanamnese war unauffällig. Bei der ärztlichen Vorstellung wurde eine Adipositas festgestellt (BMI von 31 kg/m2). Darüber hinaus war die körperliche Untersuchung unauffällig. Ein moderater Alkoholkonsum (<30 g/Tag) an zwei Tagen pro Woche wurde berichtet. Als Vorerkrankungen waren eine arterielle Hypertonie, Typ-2-Diabetes sowie eine Dyslipidämie bekannt. Der Patient befand sich zu dem Zeitpunkt seit fünf Jahren in diabetologischer Behandlung. Bei diabetologischer Erstvorstellung 2015 lagen die ALT und AST noch im Normbereich (jeweils <50 U/l). Bereits 2017 war ein Anstieg der ALT und AST auf 141 und 107 U/l zu beobachten. Der HbA1c lag zu der Zeit noch bei 6,3 % (Normwert <6 %). Bei der Vorstellung im Jahr 2020 fiel eine Verschlechterung des Diabetes auf mit einem Anstieg des HbA1c auf 10,8 %; ALT und AST stiegen hierbei deutlich an auf 257 und 145 U/l. Die Thrombozyten lagen hierbei bei 167.000/Nanoliter und das Serumalbumin bei 3,8 g/dl (normal 3,5 bis 5,4 g/dl). Der Diabetologe hatte eine Behandlung mit Metformin eingeleitet. Es bestand der Verdacht auf eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung. Zur Einschätzung, ob eine fortgeschrittene Fibrose vorliegt, wurden der NAFLD-Fibrose-Score sowie der FIB-4-Score berechnet. Der NAFLD-Fibrose-Score lag bei 0,23 (indeterminiert). Der FIB-4-Score zeigte ein diskrepantes Ergebnis mit 3,4, was für eine signifikante Fibrose spricht. Eine Oberbauchsonografie wurde veranlasst, diese zeigte eine hyperechogene („weiße”) Leber mit beginnender dorsaler Schallauslöschung, die Leber war vergrößert, die Lebervenen rarefiziert. Der Längsdurchmesser der Milz betrug 12,5 cm (normal ca. 11 cm). Es wurde zudem eine transiente Elastografie durchgeführt, die einen CAP von 268 dB/m (normal <200 dB/m) und eine Lebersteifigkeit von 12,0 kPa ergab, was für ein Fibrosestadium F3 spricht. Eine Virushepatitis B oder C konnte serologisch ausgeschlossen werden. Zusammen sprachen die Befunde für eine NASH im präzirrhotischen Stadium (<F4). Unter Metformin-Behandlung kam es im weiteren Verlauf zu einer Senkung des HbA1c auf 6,2 %, zur Therapie der Dyslipidämie wurde zudem ein Statin verschrieben. Der Patient erhielt eine Beratung zur Lebensstilmodifikation und Ernährungsumstellung. Aufgrund des guten Ansprechens der metabolischen Parameter auf die Umstellung der Therapie und des Fehlens eines harten Verdachtsmomentes auf eine Leberzirrhose wurde nach Diskussion mit dem Patienten zunächst auf eine Leberbiopsie verzichtet. Diese Entscheidung wird im Rahmen der Nachsorge in spätestens einem Jahr neu evaluiert.
Patientenfall 2: Patientin mit grenzwertigem Alkoholkonsum und erhöhten Transaminasen
Eine Patientin im Alter von 65 Jahren stellte sich in der hepatologischen Ambulanz vor. Die Patientin war in der Vergangenheit als Allgemeinärztin tätig und zum Zeitpunkt der Vorstellung seit einem Jahr in Ruhestand. Sie berichtete, dass seit 2009 leichtgradig erhöhte Leberwerte bekannt waren. Bei der ersten Messung sei eine Infektion mit dem Cytomegalovirus diagnostiziert worden, die bald darauf folgenlos ausgeheilt sei. Zum Zeitpunkt der Vorstellung war als Komorbidität lediglich eine geringgradige arterielle Hypertonie bekannt, die mit Candesartan behandelt wurde. Die Familienanamnese war unauffällig. Das Körpergewicht war im oberen Grenzbereich mit einem BMI von 25,0 kg/m2, sie trank regelmäßig abends ein bis zwei Gläser Wein (≥20 g Alkohol/Tag). Zum Zeitpunkt der Vorstellung hatte die Patientin seit ca. drei Monaten keine alkoholischen Getränke mehr konsumiert. Die körperliche Untersuchung war unauffällig. Mitgebrachte Laborwerte aus dem letzten Jahr zeigten die folgenden Ergebnisse: ALT 78 U/l, AST 85 U/l, Gamma-GT 98 U/l (Normwert Frauen <40 U/l), Thrombozyten 156.000/Nanoliter, Gesamtcholesterin 267 mg/dl (Referenzbereich Frauen ≥60 Jahre 195 bis 270 mg/dl), Ferritin 1200 µg/l (Referenzbereich Frauen ≥60 Jahre 13 bis 651 µg/l). Virushepatitis B und C wurden zuvor bereits ausgeschlossen, die antinukleären Antikörper (ANA) wiesen einen niedrigen Titer auf (1 : 80) bei normwertigem Serum-IgG, was gegen eine Autoimmunhepatitis sprach. Aufgrund des erhöhten Serumferritins ist zuvor auch eine genetische Diagnostik auf hereditäre Hämochromatose erfolgt, die negativ ausfiel (C282T Wild-Typ und heterozygote H63D-Mutation). Die in der hepatologischen Ambulanz durchgeführte Oberbauchsonografie sprach für eine Steatose Grad 2. Der FIB-4-Index lag bei 4,01 (fortgeschrittene Fibrose wahrscheinlich), und die transiente Elastografie sprach mit einer Lebersteifigkeit von 11,6 kPa für eine Fibrose F3. Der HbA1c war grenzwertig bei 6,0 %, was für eine Glukosetoleranzstörung sprach. Zusammenfassend suggerierten die Befunde eine NASH im präzirrhotischen Stadium. Allerdings konnte eine zumindest partielle alkoholische Genese nicht ausgeschlossen werden. Der Patientin ist eine strikte Alkoholkarenz empfohlen worden. Es erfolgte eine Beratung bezüglich Lebensstilmodifikation und auch die Empfehlung zu einer in diesem Fall moderaten Gewichtsreduktion von ca. 5 %. Eine diabetologische Beratung ist ebenfalls veranlasst worden. Nach Diskussion mit der Patientin wurde auf eine Leberbiopsie zunächst verzichtet. Diese Entscheidung wird im Rahmen der Nachsorge neu evaluiert.
Therapie
Eine Lebensstilmodifikation steht bei der Behandlung der NAFLD und ihren metabolischen und kardiovaskulären Begleiterkrankungen unabhängig von Grad und Stadium der Erkrankung stets an erster Stelle. Die Wirksamkeit der Lebensstilmodifikation hängt allerdings stark mit dem Ausmaß der erzielten Gewichtsreduktion zusammen. Bei einem Gewichtsverlust von ≥10 % zeigt sich bei 90 % aller Patienten mit NASH eine histologische Resolution der Leberentzündung und bei 45 % eine Regression der Fibrose, wobei allerdings eine ausreichende Gewichtsreduktion lediglich maximal 10 % der im Rahmen von Programmen intensiv betreuten Patienten gelingt. Darüber hinaus ist nicht nur die Gewichtsabnahme allein, sondern auch die Nährstoffzusammensetzung wichtig. Eine Reduzierung des Verzehrs von schnell resorbierbaren Kohlenhydraten, insbesondere von fruktosehaltigen Produkten (z. B. in gesüßten Softdrinks), und von gesättigten Fettsäuren sollte angestrebt werden. Vor allem die Umstellung der Ernährung auf eine mediterrane Diät hat sich bei der Behandlung der NAFLD als vorteilhaft erwiesen. Moderates körperliches Training gilt ebenfalls als effektiv. Wobei hier wiederum die Therapieadhärenz eine Herausforderung darstellt. Neue Konzepte wie webbasiertes Training oder Text-Messaging könnten die Adhärenz verbessern. Übergewichtigen oder adipösen NAFLD-Patienten sollte eine Gewichtsreduktion durch hypokalorische Ernährung in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG), S3-Leitlinie Adipositas (AWMF 050–001), empfohlen werden. Bei normalgewichtigen NAFLD-Patienten (engl. Lean NAFLD) sollte körperliche Aktivität gemäß WHO-Empfehlungen mit dem Ziel des Muskelaufbaus angestrebt werden. Vor allem Patienten mit NAFLD und einem BMI >20 und <25 kg/m2 kann eine mediterrane Ernährung angeraten werden. NAFLD-Patienten mit moderatem Alkoholkonsum sollten diesen reduzieren. Patienten mit NAFLD-assoziierter Zirrhose sollten eine gänzliche Alkohol- und Nikotinabstinenz einhalten. Systematische Reviews und Metaanalysen legen nahe, dass der Konsum von Kaffee zu einer dosisabhängigen Verringerung des Risikos für ein hepatozelluläres Karzinom führt. Höhere Kaffeedosen gehen mit einer stärkeren Risikoreduktion einher. Die protektiven Ingredienzien von Kaffee und die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sind bislang unbekannt. In Anbetracht der Herausforderungen in der konsequenten Durchführung einer Lebensstilmodifikation wird deutlich, dass neue medikamentöse antientzündliche und antifibrotische Therapien dringend benötigt werden. Jedoch gibt es zum Zeitpunkt der Erstellung der aktuell gültigen S2k-Leitlinie keine für die Indikation NAFLD allein zugelassene Medikation. Der generelle Einsatz von Medikamenten wie Ursodeoxycholsäure, Pioglitazon, Metformin, Silymarin oder Pentoxifyllin sowie Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitamin E oder Omega-3-Fettsäuren soll aufgrund der aktuellen Datenlage zur isolierten Behandlung der NAFLD nicht erfolgen. Aufgrund der günstigen Effekte auf die NASH sollten bei nicht zirrhotischen NAFLD-Patienten mit Typ-2-Diabetes (Metformin plus) Glucagon-like-Peptide-1-(GLP-1-)Analoga zur Kontrolle des unzureichend kontrollierten T2D, bzw. SGLT2-Inhibitoren oder eine Therapie mit dem Thiazolidindion Pioglitazone angeboten werden. Patienten mit NASH-assoziierter Leberzirrhose und Typ-2- Diabetes dürfen bei kompensierter Leberzirrhose im Stadium Child A und normaler Nierenfunktion Metformin erhalten. Bei Vorliegen einer begleitenden Fettstoffwechselstörung soll diese ausreichend behandelt werden. Statine dürfen in Anbetracht der insgesamt günstigen Effekte auch bei NAFLD-Patienten mit kompensierter Leberzirrhose eingesetzt werden. Die NAFLD ist Gegenstand intensiver pharmakologischer Forschung. Das verbesserte Verständnis der Pathophysiologie hat zahlreiche potenzielle molekulare Therapieangriffspunkte und neue Wirkstoffkandidaten hervorgebracht. Diese fallen nach Wirkmechanismus eingeteilt verallgemeinert in vier Hauptkategorien:
- Metabolisch und antidiabetisch: zielen v. a. auf Insulinresistenz und die Fettstoffwechselstörung
- Antiinflammatorisch: blockieren Immunzellaktivierung und Entzündungskaskaden
- Gerichtet auf die Darm-Leber-Achse: modulieren die enterohepatische Zirkulation von Gallensäuren und Gallensäurensignale
- Antifibrotisch: verringern die Kollagendeposition und erhöhen die Fibrinolyse
Fazit
- NAFLD ist eine Lebererkrankung, die mit metabolischen und kardiovaskulären Erkrankungen verbunden ist.
- Die NAFLD ist zu einer Volkserkrankung geworden mit einer Prävalenz in Deutschland von 25 %.
- Die NAFLD bleibt jedoch häufig lange Zeit unerkannt und damit unbehandelt.
- Das Screening von Patienten mit metabolischen Risikofaktoren ermöglicht die Früherkennung und Prävention der Fibroseprogression.
- Die Detektion einer fortgeschrittenen Fettlebererkrankung kann bereits in der Hausarztpraxis gelingen mittels eines auf Standardleberblutwerten basierenden Scores (z. B. FIB-4).
- Die Leberbiopsie stellt der Referenzstandard für die Diagnose einer Steatohepatitis und für die Stadieneinteilung der Fibrose.
- Die Lebensstilmodifikation ist wirksam und Grundlage der Behandlung der NAFLD, sie kann allerdings nur bei wenigen Patienten ausreichend umgesetzt werden.
- Aktuell existiert keine zugelassene medikamentöse Therapie der NAFLD.
- Zahlreiche pharmakologische Substanzen zur Behandlung der NAFLD sind in der klinischen Entwicklung.
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