Prädiktoren und Therapie der spastischen Bewegungsstörung
Am Ende dieser Fortbildung kennen Sie...
- Epidemiologie, Symptomatik und pathophysiologische Grundlagen der spastischen Bewegungsstörung (SMD) nach Schlaganfall,
- die wichtigsten klinischen Prädiktoren der Spastizität und Instrumente zum Screening auf SMD in der klinischen Praxis,
- die wesentlichen Behandlungsoptionen bei SMD, gemäß aktueller DGN-Leitlinienempfehlung,
- Eckdaten der Versorgungslage von Patienten mit SMD nach Schlaganfall,
- Strategien zur Verbesserung der Versorgungssituation bei SMD.
Einleitung
Spastische Bewegungsstörungen (spastic movement disorder, SMD) können sich als Folge zahlreicher neurologischer Erkrankungen manifestieren. Bei hoher Inzidenz begegnet uns in der klinischen Routine besonders häufig eine SMD nach Schlaganfall. Mehr als 30 % aller Schlaganfallpatienten weisen schon in den ersten Wochen nach einem Schlaganfall eine geschwindigkeitsabhängige Tonuserhöhung (Definition der Spastizität nach Lance) auf. Die spastische Bewegungsstörung (SMD) ist dabei Ausdruck einer Schädigung des oberen Motoneurons (Upper Motor Neuron Syndrom, UMNS) und umfasst dabei die sogenannten „Plusphänomene” (vermehrte Muskelaktivität) wie gesteigerte Muskeleigenreflexe, Klonie, eine geschwindigkeitsabhängige Muskeltonuserhöhung und spastische Dystonie. Der Schweregrad einer SMD kann stark variieren. Das Spektrum reicht dabei von diskreten klinischen Zeichen eines vermehrten Tonus ohne funktionelle Einschränkung bis hin zu einer signifikanten Behinderung mit Immobilität. Die SMD wird bezüglich ihrer Topik (Verteilung über den Körper) in eine fokale, multifokale, segmentale, multisegmentale, halbseitige, paraspastische oder generalisierte SMD differenziert. Infolge der SMD kann es zu spastischen Haltungs- und Bewegungsmustern und erhöhter Steifigkeit der betroffenen Gelenke und Bewegungssegmente bis hin zur Komplikation einer fixierten Kontraktur mit bindegewebigem irreversiblem Umbau von Muskel- und Weichteilapparat kommen. Nicht jede SMD muss zwingend behandelt werden. Eine Spastizität der Kniestrecker kann zum Beispiel eine Stehfunktion stabilisieren. Vor jeder Behandlung einer SMD ist daher zu prüfen, ob eine funktionelle Verbesserung von passiven und aktiven Funktionen (z. B. Erleichterung der Pflegbarkeit, Sitzposition, Mobilität) aus einer Behandlung resultieren kann. Die nach S2k-Leitlinie der DGN optimale Behandlung der SMD erfordert immer ein koordiniertes interdisziplinäres Vorgehen unter Einbeziehung des multiprofessionellen Teams und soll als komplexe Behandlungsleistung unter ärztlich-spezialisierter Führung/Supervision erfolgen. Dieser Artikel in Kombination mit den Vorträgen soll einen aktuellen Überblick über die Epidemiologie, Pathophysiologie, die klinischen Merkmale, Prädiktoren und die Behandlung der spastischen Bewegungsstörung nach Schlaganfall geben.
Epidemiologie
Die Lebenszeitprävalenz des Schlaganfalles beträgt etwa 3 %. Hierbei korreliert die Prävalenz stark mit dem Lebensalter. In der Altersgruppe der >70-Jährigen ist fast jeder Zehnte betroffen. In Deutschland wird von einer Schlaganfallinzidenz von >250.000 Ereignissen pro Jahr ausgegangen. In der Folge entwickeln bis zu 13 % eine behindernde und daher behandlungsbedürftige SMD.
Pathophysiologische Grundlage
Motorische Adaptation und Regeneration beginnt unmittelbar nach der hyperakuten Phase des Schlaganfalles und folgt einem relativ stereotypen Muster, unabhängig vom Schlaganfalltyp (hämorrhagisch oder ischämisch, kortikal oder subkortikal). Dieser Adaptations- und Genesungsprozess kann jedoch in jedem Stadium zum Stillstand kommen. Die Pathophysiologie der sich entwickelnden SMD ist komplex; verschiedene Mechanismen tragen zum erhöhten Muskeltonus und zu ungewollten Muskelaktivierungen bei. Es findet also mit Latenz eine multifaktorielle Adaptation der spinalen sensomotorischen Netzwerkstrukturen statt, als Folge der läsionsbedingten Entkoppelung von zentral inhibierenden Impulsen. Die folgende Beschreibung bietet ein grundlegendes Verständnis dieser Prozesse: Die Spastizität resultiert aus einer läsionsbedingten Abnahme der Inhibition von spinalen Regelkreisen aus supratentoriellen Strukturen und einem damit verbundenen Ungleichgewicht zwischen absteigenden inhibierenden und exzitatorischen Bahnen. Auf Ebene der spinalen Synapse kommt es zu einer Abnahme der präsynaptischen Inhibition des Alpha-Motoneurons sowie zu einer Abnahme der homo-synaptischen Depression. Dieser Prozess wird von Alterationen der spinalen Kreisläufe innerhalb des sensomotorischen Netzwerkes und des Alpha-Motoneurons, mit Entwicklung einer erhöhten Erregbarkeit, begleitet. Die daraus auch resultierende Überaktivität des Gamma-Motoneurons kann zusätzlich zu einer exzessiven Aktivität von Muskelspindeln mit aktivierender Rückkopplung führen. Zusätzlich kommt es neben der sich manifestierenden Zunahme des Muskeltonus auch in der durch die betroffenen Neuronen innervierten Muskulatur und dem umgebenden Bindegewebe zu vermehrter Kollageneinlagerung, Zunahme der Muskel-, Sehnen und Weichteilsteifigkeit bis hin zur Kontrakturentwicklung als Komplikation der SMD.
Klinik und Therapieziele bei der Behandlung der SMD nach Schlaganfall
Überlebende nach Schlaganfall sehen sich mit zahlreichen Herausforderungen im Verlauf konfrontiert. Hotter und Kollegen berichteten, dass dabei die SMD, neben den aus dem Schlaganfall resultierenden sozialen Problemen, den stärksten negativen Effekt auf die Lebensqualität der Patienten im chronischen Stadium nach Schlaganfall aufweist. Die SMD manifestiert sich in der Regel bereits früh nach einem Schlaganfall mit zunehmender Prävalenz über die ersten drei bis sechs Monate. Die Prävalenz beträgt in der frühen Phase nach Schlaganfall etwa 20 % und nimmt im Verlauf zu. So beträgt sie nach drei bis sechs Monaten bis zu 40 %. Ein klinisches Werkzeug zur Erfassung des Schweregrades eines zentralen Symptomes der SMD, der geschwindigkeitsabhängigen Tonuserhöhung, stellen die modifizierte Ashworth-Skala und die eine Topik der Tonusstörung erfassende REPAS-Skala (REsistance to PASsive movement Scale) dar. Die SMD der kontralateralen oberen Extremität (OE) ist die häufigste Komplikation nach Schlaganfall im Versorgungsgebiet der mittleren Hirnarterie. Es können sich im Verlauf nach solcher Schädigung klinisch differente Haltungsmuster entwickeln. Es werden fünf typische spastische Haltungsmuster der OE bei Patienten mit SMD differenziert. Die größte Gruppe entwickelt ein Haltungsmuster (HM) III mit Flexion im Ellenbogengelenk sowie Innenrotation und Adduktion im Schultergelenk (>40 %) gefolgt von HM I mit zusätzlicher Flexion im Handgelenk (25 %). Zusätzlich zur Fehlhaltung klagen etwa die Hälfte der Betroffenen über meist bewegungsinduzierte begleitende Schmerzen. Fast die Hälfe aller Patienten leidet zudem unter beim Aufstehen oder Gehen induzierten störenden assoziierten Reaktionen der oberen Extremität (z. B. Tonuszunahme der oberen Extremität beim Gehen). Anhand des den Rehabilitationsprozess störenden klinischen Bildes der SMD definieren sich so auch die Therapieziele in der frühen und späten Behandlung:
- Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung passiver Funktionen der betroffenen Extremität (Vermeiden von Kontrakturen, Hygiene)
- Wiederherstellung aktiver Funktionen (Zugreifen, Loslassen und andere motorische Fertigkeiten) durch Wegfall der hemmenden Funktion
- Schmerzreduktion
- Erweiterung des Bewegungsumfanges
- Reduktion der unwillkürlichen Bewegungen
- Behandlung assoziierter Reaktionen
- Pflegeerleichterung
- Limitierte Motilität der Bewegungssegmente bis hin zu Kontrakturen
- Limitierte Mobilität und Alltagsfunktionen
- Gelenkfehlstellungen
- Muskel- und Sehnenverkürzungen
- Chronische Schmerzen
- Hygienische Defizite infolge einer Pflegebehinderung
- Druckulzera
- Soziale Isolation
Prädiktoren der SMD
Der frühe Beginn einer spezifischen antispastischen Therapie wirkt sich positiv auf den weiteren Verlauf der SMD aus und kann Komplikationen wie das Auftreten falscher Bewegungs- und Haltungsmuster oder bindegewebige Umbauten von Muskulatur und Bindegewebe bis hin zur Kontraktur verhindern. Aufgrund der schleichenden klinischen Manifestation wird die SMD im klinischen Alltag häufig zu spät erkannt und daher auch zu spät behandelt. In der klinischen Praxis setzt die spezifische Behandlung oft erst nach Wochen oder Monaten ein, wenn eine SMD bereits den rehabilitativen Verlauf behindert und falsche Bewegungsmuster etabliert sind. Um eine frühe Diagnose zu ermöglichen, können klinische und bildgebende Prädiktoren den behandelnden Ärzten anzeigen, welche Patienten ein hohes Risiko für die Entwicklung einer schweren SMD aufweisen. Der Einsatz eines Screenings mittels dieser Prädiktoren wird hoffentlich in der Zukunft eine rechtzeitige, spezifische, synergistisch antispastische Therapie ermöglichen, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Es kann zwischen klinischen und bildmorphologischen Prädiktoren einer SMD unterschieden werden. Zahlreiche Studien haben versucht, Prädiktoren der PSS zu identifizieren. Zu den bisher beschriebenen Risikofaktoren gehören unter anderem
- schwere Paresen,
- geschwindigkeitsabhängiger Anstieg des Muskeltonus gemessen anhand der modifizierten Ashworth-Skala,
- geringer Barthel-Index,
- Hemihypästhesie,
- niedriger EQ-5D-Wert (EuroQol – fünfdimensionale Skala),
- großes Infarktvolumen.
- MRS >2 (Odds Ratio (OR): 56,5, 95%-KI: 17,2–186,4),
- NIHSS >2 (OR: 57,1, 95%-KI: 15,7–208,1) und
- MMSE <27 (OR: 6,1, 95%-KI: 2,7–14,2)
Management der spastischen Bewegungsstörung nach Schlaganfall
Im Folgenden wird das Management der SMD unter besonderer Berücksichtigung der S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation vorgestellt. Es existiert eine Vielzahl von physikalischen, apparativen, physio- und ergotherapeutischen sowie pharmakologischen Behandlungsansätzen der SMD. Die physikalische, physio- und ergotherapeutische Behandlung bildet dabei stets die Basis des Managements. Darauf aufbauend sollten sich, bei nicht ausreichendem Effekt dieser Maßnahmen, weitere synergistisch wirkende Behandlungsmodalitäten ergänzend einfügen. Die Auswahl der angemessenen zusätzlichen Behandlungen ist dabei eng mit der Verteilung der SMD über den Körper, der Topik der SMD, verknüpft:
- Orale Antispastika
- Lokale Behandlung (z. B. Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A)
- Intrathekale Medikamente (z. B. intrathekale Baclofen-Behandlung, ITB)
- Neuromodulation (Elektro- oder Magnetstimulation)
- Chirurgische Eingriffe (Faszio-, Tendo- oder Neurotomie)
- fokal (nur ein oder zwei benachbarte Gelenke betroffen)
- multifokal (mehrere nicht benachbarte Gelenke betroffen)
- segmental (mehrere benachbarte Gelenke einer Extremität betroffen)
- multisegmental (benachbarte Gelenke einer oder zweier Extremitäten einschließlich angrenzender Rumpfanteile betroffen)
- generalisiert (mehr als zwei Extremitäten und angrenzende Rumpfanteile betroffen)
Der Weg von der Stroke-Unit in die ambulante Pflege
Welches Konzept kann Betroffenen mit hohem Risiko, eine behindernde SMD zu entwickeln, beim Übergang in die ambulante Nachsorge nach erstem Schlaganfall angeboten werden? Worin bestehen die Herausforderungen für diese Patienten, für die pflegenden Angehörigen und die behandelnden Ärzte? Idealerweise sollten Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine SMD vor Entlassung mithilfe der vorgestellten Prädiktoren identifiziert und es sollte bei Vorliegen eines Risikos für eine SMD diese Diagnose gestellt werden. Die genannten frühen klinischen und bildmorphologischen Prädiktoren können hierfür, da sie einfach zu handhaben sind, genutzt werden. Im ambulanten Rahmen sollte bei SMD als Basistherapie stets mit einer spezifischen Physio- und Ergotherapie begonnen werden. Insbesondere bei fokaler, aber auch bei multifokaler oder segmentaler SMD sollte bei behindernder SMD oder dem Risiko auf Komplikationen durch eine SMD zudem früh eine lokale Injektionstherapie mit BoNT A als synergistische Behandlung zum Einsatz kommen. Eine Befragung unter Hausärzten in Berlin ergab jedoch, dass etwa 80 % der Patienten mit SMD nach Schlaganfall orale Antispastika erhalten (zumeist Baclofen) und nur 10 % mit einer Injektionstherapie von BoNT A behandelt werden. Weiterhin lag die Überweisungsrate in die neurologische Fachpraxis zur spezialisierten Beratung und Behandlung bei unter 60 %. Als führenden Grund für die niedrige Umsetzungsrate einer leitliniengerechten Behandlung nannten etwa 40 % der Hausärzte das Fehlen eines in der Behandlung der SMD erfahrenen Facharztes in räumlicher Nähe. In 20 % sei eine Kostenübernahme der BoNT-A-Behandlung durch die Krankenkasse abgelehnt worden. In einer von den Autoren des vorliegenden Kurses durchgeführten Unter suchung wurde der ambulante Verlauf bei Schlaganfallpatienten nachverfolgt, bei denen zuvor mittels der oben vorgestellten Prädiktoren ein erhöhtes Risiko für eine SMD identifiziert wurde. Insgesamt wurden n = 50 Patienten unmittelbar nach Krankenhausentlassung sowie im Intervall von drei Monaten nachuntersucht. Die Patienten wurden über das erhöhte SMD-Risiko aufgeklärt, entsprechende Merkblätter mit spezifischen Instruktionen wurden an die behandelnden Hausärzte übermittelt. Von den 15 dieser 50 Patienten, die eine SMD im Verlauf entwickelten, erhielten lediglich 13 % eine spezifische Therapie. Die Therapie bestand entweder in einer Physio- oder Ergotherapie. Botulinumtoxin wurde in keinem einzigen Fall bei fokaler SMD verabreicht. Eine weitere Erklärung für diese Versorgungssituation ergab sich in einer telefonischen Nachbefragung der Hausärzte, die die SMD-Patienten versorgten. Diese gaben nur in 13 % an, über die bei ihren Patienten vorliegende SMD informiert zu sein. Die dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass mit Fortbildungen wie dieser die Versorgung auch im hausärztlichen Bereich weiter verbessert werden kann. Vermehrte Öffentlichkeitsarbeit, aber auch Aufklärung der Betroffenen, Angehörigen und behandelnden Allgemeinmediziner sind also ein ebenso entscheidender Faktor, um die ambulante Nachsorge dieser Patientengruppe mit behindernder und schmerzhafter SMD zu verbessern. Von kritischer Bedeutung ist dabei die Etablierung eines Versorgungspfades für Patienten mit einem Risiko für eine SMD nach Schlaganfall. Durch die Stroke-Unit könnte bereits über ein entsprechendes Entlassmanagement der Weg zur spezifischen Behandlung der SMD gesichert werden. Die Identifikation des erhöhten potenziellen Risikos von Patienten kann mit einem frühen Screening auf die bekannten Prädiktoren einer SMD gelingen und bahnt durch diese Identifikation des Risikos bzw. durch die frühe Diagnose der SMD den frühen Beginn einer spezifischen antispastischen Behandlung, einschließlich einer bei fokaler, multifokaler oder segmentaler SMD synergistisch wirksamen lokalen Injektionstherapie mit BoNT A. Diese Therapie sollte idealerweise bereits stationär im Akutkrankenhaus oder in der neurologischen Rehabilitation eingeleitet werden. Bereits bei Entlassung aus der Rehabilitation sollte durch die Kliniken der erste Termin bei einem ambulant tätigen Facharzt oder in einer Botulinumtoxin-Ambulanz vereinbart werden. Die spezifische Diagnose einer SMD und die eingeleitete Behandlung sollte für die ambulant behandelnden Kollegen bei Entlassung/Überweisung übersichtlich dokumentiert und mit Behandlungsempfehlungen versehen sein. Auch in der S2k Leitlinie der DGN werden bei Patienten mit SMD und einem Risiko für Komplikationen mindestens sechsmonatige Nachsorgetermine in spezialisierten Praxen/Ambulanzen mit Zugriff auf ein multiprofessionelles Team empfohlen. In Innovationsfondprojekten ergeben sich erste Hinweise, dass koordinierende Hilfen, wie z. B. Stroke-Lotsen, die aufgezeigten Versorgungslücken im aktuellen Schlaganfall Nachsorgemanagement deutliche Verbesserungen erbringen können.
Fazit
- Eine SMD manifestiert sich häufig früh, bei >90 % der Betroffenen bereits innerhalb der ersten drei Monate nach Schlaganfall.
- Die SMD wird jedoch im aktuell etablierten Nachsorgesetting erst mit deutlicher Verzögerung erkannt und sehr häufig zu spät spezifisch behandelt.
- Zum Screening in der Frühphase stehen einfache klinische Untersuchungsverfahren (geschwindigkeitsabhängige Tonuserhöhung und Grad der Parese nach Schlaganfall) und klinische Einschätzungsskalen wie die MRS, die NIHSS und die MMSE als frühe Prädiktoren einer SMD zur Verfügung.
- Diese Instrumente zur Prädiktion der SMD können durch Informationen aus der vorhandenen bildgebenden Diagnostik (CT oder MRT) – wie Volumen und Lokalisation der Läsionen – ergänzt werden.
- Das physikalische Management mittels Dehnung, Lagerung und Positionierungen der von SMD betroffenen Extremitäten bildet die Basis der Behandlung.
- Die aktuelle S2k-Leitlinie der DGN beschreibt die lokale Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A als Erstlinientherapie für die Behandlung der fokalen, multifokalen und segmentalen SMD.
- Der frühe Beginn der Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A hat sich gegenüber einem verzögerten Beginn dieser Behandlung als vorteilhaft erwiesen.
- Orale Antispastika haben eine Indikation bei der multisegmentalen und generalisierten behindernden SMD und sollten bei geringer therapeutischer Breite nur vorsichtig eindosiert werden. Bei insuffizienter Wirkung wird eine Austestung und ggf. Implantation eines Systems zur intrathekalen Baclofentherapie empfohlen.
- Die aktuelle Versorgungssituation der SMD-Patienten nach Schlaganfall im deutschen Gesundheitswesen wird in aktuellen Studien als unzureichend, im Sinne einer Fehlversorgung, interpretiert.
- Als Basis der Versorgung von SMD betroffenen Patienten ist eine Aufklärung der Patienten und Angehörigen sowie eine Kommunikation und Weiterbildung der niedergelassenen Kollegen in der Nachsorge, den Hausärzten und den weiterversorgenden Neurologen von entscheidender Bedeutung.
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Bildnachweis
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